Traurigkeit – ein unterschätztes Gefühl

Kleine Anmerkung: Weil ich in meinen Blogposts zu einem ehrlichen und persönlichen Nachdenken einladen möchte, verwende ich ein freundlich und respektvoll gemeintes „Du“.

Ich habe das Bedürfnis, heute über ein Gefühl zu schreiben, mit dem die meisten von uns sich wahrscheinlich nicht so gern beschäftigen: Traurigkeit. Traurigkeit ist etwas, von dem wir uns oft vor allem wünschen, dass es NICHT ist. Wenn wir traurig werden, lenken wir uns ab, muntern uns auf und tun so einiges, um uns schnell wieder in eine „bessere“ Stimmung zu versetzen. Wir halten Traurigkeit gewissermaßen für die Abweichung von der Norm, für ein Zeichen, dass irgendetwas nicht stimmt.

Auch ich kenne das Bedürfnis, die Traurigkeit schnell wieder zu verabschieden, wenn sie an meine Tür klopft. In den letzten Wochen war ich jedoch recht lange krank und dadurch gezwungenermaßen in allem irgendwie langsamer und sensibler. Vielleicht kennst du das ja auch – manchmal spüren wir unsere Gefühle erst dann so richtig, wenn wir still werden (ob nun freiwillig oder nicht). Wenn dann auch unangenehme Gefühle wie Traurigkeit, Erschöpfung oder Melancholie auftauchen, habe ich persönlich oft den Impuls, das erstmal ziemlich blöd zu finden und mir zu wünschen, alles möge möglichst schnell wieder „normal“ sein. Mir wird jedoch mehr und mehr bewusst, wie bereichernd unsere Traurigkeit auch für uns sein kann – weil sie uns auf das hinweist, was für uns ganz besonders wertvoll ist.

Das erlebe ich immer wieder auch in meiner Beratungspraxis: Menschen empfinden oft dann eine tiefe, oft auch hintergründige Traurigkeit, die sich irgendwie nicht abschütteln lässt, wenn es in ihnen eine Sehnsucht gibt, die gehört und erkannt werden möchte. Diese Sehnsucht kann sich natürlich auf etwas Vergangenes beziehen, oft gibt es aber auch die Sehnsucht nach etwas, das wir in der Gegenwart oder in der Zukunft leben könnten – wenn wir uns denn erlauben, genauer hinzuhören, was es ist, wonach wir uns so sehnen.

Wenn du gerade den Eindruck hast, Traurigkeit könnte auch für dich ein Thema sein, dann erlaube dir doch einmal, deiner Trauer Gehör zu schenken (am besten an einem Ort, an dem du dich geschützt und sicher fühlst). Gestatte deiner Traurigkeit, einfach nur da zu sein. Es ist vollkommen okay, wenn du dich traurig fühlst und vielleicht gar nicht genau weißt, woran das liegt.

Ich finde es hilfreich, unsere Traurigkeit wie eine freundliche Botin zu betrachten, die uns manchmal sanft, manchmal auch eindringlich darauf hinweist, dass wir im Begriff sind, etwas in uns zu unterdrücken, das für uns unglaublich wertvoll ist. Vielleicht ist das die Sehnsucht nach mehr Verbundenheit, mehr Lebensfreude oder mehr Leichtigkeit, vielleicht auch die Liebe zu einer Person (oder auch etwas ganz anderes).

Diese Botschaft unserer Traurigkeit kann übrigens auch dann sehr wertvoll sein, wenn wir etwas bedauern oder betrauern, das bereits vergangen ist. Denn: Unsere Trauer über verpasste Chancen kann unser Bewusstsein für das erhellen, was für uns ganz wesentlich ist – und dazu beitragen, dass wir unserem Leben eine bestimmte Richtung geben und unsere Zukunft wert-voll gestalten.

Ich wünsche dir viel Mitgefühl für dich selbst in all deinen hellen und grauen Stimmungen. Übrigens: Als Beraterin unterstütze ich dich natürlich auch gern persönlich in all deinen Prozessen und Wegen ????

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