Von inneren Drachen und ihrer Funktion

Kleine Anmerkung: Weil ich in meinen Blogposts zu einem ehrlichen und persönlichen Nachdenken einladen möchte, verwende ich ein freundlich und respektvoll gemeintes „Du“.

Kennst du das auch: Du weißt eigentlich ganz genau, welche Entwicklung längst überfällig wäre, aber wenn du dann los losgehst, verlässt dich deine Motivation immer wieder auf halber Strecke? Oder es mag einfach nicht klappen, auch wenn du dir doch solche Mühe gibst? Oft treiben wir uns dann umso mehr an und werden immer wütender auf uns, weil wir es offenbar einfach nicht hinbekommen. Aber wieso eigentlich nicht?

Meiner Erfahrung nach gibt es in solchen Situationen oft einen Anteil in uns, der sich quer stellt – meistens, weil wir uns bislang geweigert haben, ihm wirklich zuzuhören. Vielleicht versuchen wir, ein Suchtverhalten zu beenden, aber ein Teil in uns fürchtet sich vor den Gefühlen, die auftauchen, wenn der Rausch ausbleibt. Oder wir sind schon seit Jahren auf der Suche nach einer Partnerschaft, verlieben uns aber leider immer in „die Falschen“, weil ein Teil von uns tierisch Angst davor hat, sich (noch einmal) einzulassen und (noch einmal) verletzt zu werden. Möglicherweise kämpfen wir auch immer wieder gegen depressive Gefühle an – ein Teil von uns braucht die Depression aber, damit Schwieriges, das wir erlebt haben, endlich gesehen wird und wir uns nicht noch mehr verbiegen müssen.

All das sind Beispiele – vielleicht hast du ja deine eigenen inneren Drachen? Zu mir kommen oft Klient*innen, die selbst schon einiges versucht haben, um ihr Problem loszuwerden. Trotzdem will dieses aber irgendwie einfach nicht verschwinden. In diesen Situationen vermittele ich gern erstmal eine wertschätzende Haltung: „Das Problem“ hat oft eine Funktion für uns, oder zumindest für einen Teil von uns. Würde es wegfallen, wäre ein Teil von uns vermutlich erleichtert – ein anderer Teil hätte nun aber vermutlich ein (neues) Problem.

Um zu erkennen, welche Anteile wir zu einem bestimmten Thema in uns tragen, lohnt es sich, uns selbst mit Neugier, Offenheit und einer ordentlichen Portion Mut zu begegnen. Denn: Dieser Teil, dem wir schon länger kein Gehör mehr geschenkt haben, passt vielleicht nur mäßig gut zu unserem Selbstkonzept. Oft verhält es sich mit ihm wie mit dem schwarzen Schaf in der Familie: Er trägt all die Gefühle und Verhaltensweisen in sich, die im Bereich des Gewohnten vermeintliches No-Go sind. Vielleicht ist er stinkwütend, wo wir sonst doch so bedacht und angepasst sind. Oder er hat einfach nur noch Bock, auf dem Sofa zu liegen und nicht mehr mitzumachen, obwohl wir sonst stets fleißig, stets bemüht sind. Vielleicht trägt er auch die Erinnerung an vergangenen Schmerz in sich, den wir immer fröhlich weggelächelt haben, und hat überhaupt kein Interesse daran, die Klappe zu halten, bevor er gehört und anerkannt worden ist.

Wenn du also auch ein Thema haben solltest, indem du dich blockiert fühlst, dann könntest du dich fragen: Welcher Teil in mir stellt sich hier möglicherweise quer? Welches Bedürfnis in mir übergehe ich ehrlich gesagt schon seit Langem? Und was würde dieser Teil brauchen, damit trotzdem Entwicklung stattfinden kann? Meine Erfahrung ist die: Wenn wir dann einen Weg finden, auch all der Angst, Wut, Trauer, Erschöpfung – all den Drachen in uns – zuzuhören und sie nicht stiefmütterlich, sondern liebevoll zu behandeln, dann wird oft Entwicklung möglich. Diese Entwicklung sieht manchmal anders aus, als wir es uns ursprünglich vorgestellt hatten. Sie ist vielleicht etwas langsamer, sanfter oder nimmt andere Abzweigungen zum Ziel – aber wir haben in unserer Gesamtheit daran teil. Und falls du auf diesem Weg Unterstützung brauchst, dann begleite ich dich sehr gern dabei. Deine Anne

P.P.S.: Meine Blogposts teile ich auch über meinen Instagramaccount – falls du Lust hast, über meine Arbeit informiert zu bleiben, dann schau gern mal unter annekristinaweiss vorbei. Wenn du Lust bekommen hast, mit mir zu arbeiten, dann freue ich mich über deine Anfrage.