Über Gefühle und ihre Botschaft an uns

Oft gehen wir davon aus, der „Normalzustand“ unseres inneren Betriebssystems sollte „glücklich“ sein, oder? Gefühle wie Angst, Wut oder Traurigkeit haben in unserer Gesellschaft einen schlechten Ruf – und allzu oft wissen wir gar nicht, wie wir mit ihnen umgehen sollen. Schon gar nicht, wenn sie nicht nur wie diese Wattewolke sanft vorbeiwehen, sondern sich eher so breit machen und einnisten, wie die schweren Wolkenschichten über Kiel in den letzten Tagen.

Wenn wir nicht wissen: Wohin mit unseren Gefühlen?, dann lautet die Strategie der Wahl oft: Übertünchen. Oder auch: Ablenken, verdrängen, leugnen. Aber vielleicht kennst du das ja auch: Der Kloß im Hals, den wir morgens herunterzuschlucken versuchen, begleitet uns gern noch den ganzen Tag, während eine kurze Heul- oder Wutattacke viel schneller wieder für klare Stimmung sorgt.

Noch viel stärker ist dieser Effekt, wenn wir es mit wirklich großen Gefühlsportionen zu tun haben: Die nie so richtig ausgedrückte Trauer über eine Trennung, die sehr wehgetan hat. Über Jahre und Jahrzehnte geschluckte Wut auf unseren autoritären Vater. Die Angst, die entstanden ist, als wir noch viel zu klein waren, um auf uns selbst achtzugeben. Haben diese Gefühle nie wirklich sein, sich mitteilen und ausdrücken dürfen, dann tauchen sie in unserem Leben in (mehr oder weniger) regelmäßigen Abständen und (mehr oder weniger) passenden Umständen immer wieder aus der Versenkung auf und machen sich bemerkbar. Und das gerne lautstark und für uns deshalb nicht weniger verwirrend. Was also tun?

Anstatt die ungebetenen Gäste sofort wieder in die Wüste zu schicken, lade ich meine Klienten – und heute auch dich – gern dazu ein, ihre Gefühle eher als Botschafter*innen in wichtiger Angelegenheit zu sehen und ihnen die Tür zu öffnen. Dabei finde ich folgende Perspektive hilfreich: Jedes deiner Gefühle will eigentlich nur dein Bestes – ausnahmslos und selbst dann, wenn dieses Geschenk erstmal in wenig attraktiver Verpackung daherkommt.

Wut will dich ermächtigen, für dich einzustehen. Angst will dich beschützen. Trauer will dich darauf aufmerksam machen, woran dein Herz hängt. All diese Botschaften sind unheimlich wertvoll, wenn wir uns erlauben, ihnen Gehör zu schenken. Dabei gilt jedoch auch: Wir dürfen unsere Botschafter*innen genau anhören und dann frei entscheiden, was wir mit dem Gehörten machen. Denn: Jede Botschafter*in schaut subjektiv auf unser Leben. Es ist aber an uns, sinnvolle, gute Entscheidungen zu treffen.

Vielleicht ist die Angst groß, aber wir sehen: Bei allen Risiken ist es uns die Sache trotzdem wert. Oder: Die Risiken sind tatsächlich gar nicht so schlimm. Unsere Traurigkeit möchte vielleicht für immer an etwas festhalten, aber wir wissen: Es ist trotzdem Zeit, loszulassen.

Mit einem offenen Ohr für unsere Gefühle tun wir jedoch jeden Schritt behutsam. Wir sind in Kontakt mit uns und achten darauf, uns dennoch Sicherheiten zu schaffen oder die liebevolle Erinnerung an Vergangenes zu bewahren. Wir vermitteln zwischen verschiedenen Aspekten unseres Lebens, anstatt autoritär und trotzig einfach in eine  Richtung loszumarschieren.

Wenn sich also bestimmte Gefühle immer wieder bei dir melden, lade ich dich ein: Hör zu. Wenn du magst, auch gern mit meiner Unterstützung. Deine Anne.

P.P.S.: Meine Blogposts teile ich auch über meinen Instagramaccount – falls du Lust hast, über meine Arbeit informiert zu bleiben, dann schau gern mal unter annekristinaweiss vorbei. Wenn du Lust bekommen hast, mit mir zu arbeiten, dann freue ich mich über deine Anfrage.