Was wir von Momos Freund Beppo Straßenkehrer lernen können

Kleine Anmerkung: Weil ich in meinen Blogposts zu einem ehrlichen und persönlichen Nachdenken einladen möchte, verwende ich ein freundlich und respektvoll gemeintes „Du“.

Was macht man mit diesen Phasen im Leben, in denen man am liebsten vorspulen würde? Zu mir in die Beratung kommen fast immer Menschen, die gerade ganz genau in so einer Phase stecken: Wenn eine Beziehung in die Brüche gegangen ist. Wenn das Leben sich verändert und es schwerfällt, hinterher zu kommen. Oder wenn sich eine belastende Situation zieht und zieht und zieht und ein Ende nicht in Sicht zu sein scheint. Solche Phasen kennen wir alle, weil sie zum Menschsein einfach dazu gehören – aber schön finden wir sie nicht. Und deshalb wünschen wir uns verständlicherweise oft eine schnelle Kur: Die erleuchtende Erkenntnis, die große Veränderung, die neue Liebe, die alles wieder gut oder zumindest besser machen soll. Wir leben in einer Gesellschaft, die Erfolgsgeschichten liebt und von Misserfolgen und Durststrecken am liebsten nur im Rückblick hört: Wenn wir die „dornige Chance“ bereits erkannt und das Blatt gewendet haben. Kein Wunder also, dass wir das Gefühl haben, bei uns laufe etwas schief, wenn wir nicht nur für ein paar Wochen, sondern für Monate, vielleicht sogar Jahre auf einem Weg unterwegs sind, der sich anfühlt wie der Trip von Frodo und seinen Gefährten durch Moria (irgendwie ziemlich dunkel also). Und kein Wunder, dass wir mit der Zeit immer verzweifelter versuchen, dieser blöden Phase verdammt noch mal ein Ende zu setzen. Was kann dabei helfen?

Meiner Erfahrung nach geht es darum, das eigentlich Paradoxe zu akzeptieren: Ja, wir brauchen neuen Input, Veränderung, Unterstützung. Und: Oft kommen wir umso langsamer auf diesem Weg voran, je schneller wir versuchen zu rennen. Es klingt wie tausendmal gesagt und tausendmal gehört, aber oft können Heilung und Veränderung erst dann entstehen, wenn wir uns ganz auf das Hier und Jetzt einlassen. Wenn wir uns trauen, unseren Schmerz, unsere Trauer, unsere Angst wirklich zu spüren, dann kommen wir in Kontakt mit einer verletzlicheren Seite von uns selbst. Wir lernen uns neu und anders kennen und spüren oft, dass unser Empfinden an Tiefgang gewinnt – nicht nur die dunklen, sondern auch die hellen Seiten des Lebens betreffend.

Oft lernen wir, all das Wunderbare in unserem Leben viel besser zu sehen und zu schätzen, wenn wir auch den Kontrast dazu kennen. Und: Wenig kann unser Vertrauen in uns selbst mehr stärken als unsere Erfahrung, dass wir in der Lage sind, auch die schwierigsten Phasen durchzustehen. Wenn wir uns trauen, uns auf eine solche Phase in unserem Leben wirklich einzulassen, dann gehen wir als anderer Mensch aus dieser Erfahrung hervor: Möglicherweise gebeutelt und mit ein paar blauen Flecken, aber auch mit einer Gewissheit über unsere Stärke, das uns kein theoretisches Wissen, sondern nur die Erfahrung schenken kann. Mein Appell ist also vermutlich recht offensichtlich: Es lohnt sich, sich auf diese dunklen Phasen einzulassen, auch wenn es einiges an Mut abverlangt. Weniger bedrohlich und viel machbarer kann sich das anfühlen, wenn wir uns dabei an Momos Freund Beppo, dem Straßenkehrer, orientieren und immer nur einen Besenstrich nach dem anderen tun. Mit vielen kleinen Schritten ist jede Strecke zu bewältigen, egal wie kurz oder lang sie ist. Und: Wir müssen den Weg nicht allein gehen (Frodo hätte es niemals ohne Sam geschafft, oder?).

Wenn du dich also gerade auf einem Stück schwieriger Wegstrecke befindest: Lass dich stückweise darauf ein. Und: Tauche auch jeden Tag aus dieser Erfahrung wieder auf. Umgib dich mit allen und allem, was dich dabei unterstützt, diesen Weg zu gehen. Eines ist sicher – das Leben ist stetig im Wandel, und auch diese Phase wird eines Tages vorbei sein. Bis dahin: Lass so viel Helles in dein Leben wie möglich. Alles Liebe! Deine Anne

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