Wenn „nette Kontakte“ sich nicht so nett anfühlen

Kleine Anmerkung: Weil ich in meinen Blogposts zu einem ehrlichen und persönlichen Nachdenken einladen möchte, verwende ich ein freundlich und respektvoll gemeintes „Du“.

In der Begegnung mit anderen treffen wir immer wieder auf Menschen, die bei uns ein merkwürdiges Gefühl hinterlassen. Ganz offenkundig kennen wir alle Leute, mit denen wir einfach nicht können, weil sie auf einer anderen Wellenlänge als wir unterwegs sind oder wir sie schlicht nicht mögen – das meine ich aber nicht. Ich meine diese Art von Begegnung, die irgendwie undurchsichtig zu sein scheint, weil vordergründig alles nett und okay ist, irgendwas an diesem Kontakt uns aber trotzdem „piekst“ und verstimmt zurücklässt.

Vielleicht kennst du das ja auch: Das zufällige Zusammentreffen mit der Bekannten, nach dem du dich sehr subtil herabgesetzt fühlst, oder die betont nette und entspannte Mail deines Chefs, die dich trotzdem in Stress versetzt. Wenn wir derartige Situationen im Alltag erleben, gehen wir sehr oft einfach darüber hinweg und reden das Erlebte klein – was manchmal natürlich auch vollkommen okay sein kann. Wiederholen sich solche Erlebnisse aber immer wieder mit derselben Person oder auf ähnliche Art und Weise in verschiedenen Kontakten, dann kann es meiner Erfahrung nach sehr sinnvoll sein, einmal genauer hinzuschauen, welches Verhalten bei uns warum welche Knöpfe drückt – weil wir dadurch Wichtiges über uns selbst erfahren und außerdem vermeiden können, dass uns derartige Mikrokonflikte immer wieder die Stimmung vermiesen. Meine Erfahrung ist nämlich: Wenn wir in bestimmten Situationen ein Bauchgrummeln erleben, dann „ist da oft auch was“ – entweder bei der anderen Person oder bei uns selbst.

Ein möglicher Grund für unser Erleben kann darin bestehen, dass der Andere in seinem Verhalten inkongruent ist: Die Stimme glockenhell, der Tonfall aber trotzdem gepresst und die Wortwahl sehr subtil bekrittelnd. Oft spüren wir, wenn beim Anderen Gesagtes und Gemeintes nicht wirklich zusammenpassen – und fühlen uns verunsichert oder gereizt, ohne das richtig erklären zu können. In diesen Situationen stehen dann oft Spott, Kritik oder Druck im Raum, die wir aber glauben, so direkt nicht ansprechen zu können – schließlich war unser Gegenüber ja eigentlich „ganz nett“. In diesen Fällen kann zweierlei helfen: Das Wahrgenommene direkt ansprechen oder, falls uns das zu viel ist, zumindest ehrlich zu uns selbst sein und unser Bauchgefühl ernst nehmen. Wir dürfen uns bewusst machen: Wir sind NICHT für die Gefühlslage der anderen Person verantwortlich. Mein Tipp ist: Lass dir nicht die Standards anderer unterschieben – und das kann auf die nette, subtile (quasi trojanische) Art oft schneller passieren, als wenn diese klar und offen kommuniziert werden. Überlege dir also stets, ob du gewillt bist, die Haltungen und Ansprüche anderer auch für dich zu akzeptieren – und wenn nicht, dann lass dich davon nicht aus der Ruhe bringen.

Andererseits kann es natürlich auch passieren, dass unser Gegenüber ohne doppelten Boden kommuniziert und wir uns trotzdem angegangen fühlen. Wenn wir das bei uns feststellen können, halten wir quasi die perfekte Wegbeschreibung zu unseren eigenen wunden Punkten in der Hand – und allein das Wissen darum, was genau uns eigentlich „triggert“, kann unsere zwischenmenschlichen Beziehungen schon um einiges erleichtern. Auch hier kann dann Offenheit helfen – wenn wir uns trauen, tatsächlich in Hinblick auf unser Gegenüber, sicherlich aber auch in Bezug auf uns selbst. Wenn wir merken, dass wir ein Thema mit Perfektionismus, Kritik oder Selbstwert haben, dann hilft eine mitfühlende Haltung uns selbst gegenüber viel, und dann ist ein Bewusstsein dafür ein wichtiger, erster Schritt in Richtung Heilung und mehr Gelassenheit.

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