Wie wir lernen, anders mit uns selbst zu sprechen

The way you speak of yourself
The way you degrade yourself into smallness
Is abuse.

(Rupi Kaur)

Vor Kurzem ist mir dieses Zitat der Autorin Rupi Kaur begegnet und ich war einmal mehr berührt von ihrer Fähigkeit, Wesentliches so pointiert auszudrücken. Die Frage, wie wir mit uns selbst sprechen und was das mit uns macht, begleitet mich schon lange und wird mir dabei immer mehr zu einem großen Anliegen.

So oft begegne ich wirklich wunderbaren, mutigen, liebevollen Menschen, die ihr Bestes geben, um für andere ein*e gute*r Freund*in, Tochter, Sohn, Partner*in, Kolleg*in und so weiter zu sein. Die bemüht, verständnisvoll, freundlich, ermutigend, ausdauernd im Umgang mit anderen sind – nur mit sich selbst eben nicht. So oft wiederholen wir, tatsächlich missbräuchlich, all die harten, respektlosen, lieblosen, verächtlichen Phrasen, die wir im Laufe unseres Lebens so zu hören bekommen haben und halten das irgendwie für normal. Oder glauben, dass es das bräuchte, damit wir uns nicht gehen lassen.

An dieser Stelle möchte ich fragen: So, wie du manchmal mit dir selbst sprichst – würdest du so auch mit deiner/m besten Freund*in sprechen? Oder mit deinem Kind? Damit sie sich nicht „gehen lassen“? Wenn die Antwort „Nein“ lautet, dann lade ich dich ein, heute einen mutigen Entschluss zu fassen: Den Entschluss, jegliche verächtliche, missbräuchliche Sprache im Dialog mit dir selbst ab heute ad acta zu legen.

Oft glauben wir, Selbstliebe oder Selbstmitgefühl wären, nun ja, eben tatsächlich irgendwie Gefühle, die wir uns selbst gegenüber hätten – oder nunmal nicht. Meine Erfahrung ist jedoch: Selbstmitgefühl, Selbstliebe bestehen vielvielvielmehr aus vielen kleinen Handlungen, die wir für uns selbst tun. Der erste, wichtigste Schritt dabei ist: Das, was andere uns in der Vergangenheit womöglich angetan haben, für uns selbst nicht mehr zu wiederholen. Tun wir diesen Schritt nicht, setzen wir selbst den Missbrauch fort, den jemand anderes in der Vergangenheit gestartet hat und den wir vermutlich eigentlich so unbedingt hinter uns lassen wollen. Ich verwende hier diese klaren Worte, weil ich wirklich eindringlich darauf hinweisen möchte: Es hat nichts Niedliches wenn wir selbst verächtlich mit uns sprechen.

Wir fügen uns auf diese Weise immer wieder die gleichen Wunden zu, von denen wir uns eigentlich so sehr wünschen, dass sie heilen. Dafür dürfen wir selbst den Anfang machen und ab jetzt eine heilsame, liebevolle, verständnisvolle Sprache mit uns selbst wählen. Sprache hat eine ungeheure Macht. Wenn du möchtest, dann überlege noch einmal: Wie würdest du mit deiner/m beste*n Freund*in, deinem Kind sprechen, wenn du ihm vermitteln möchtest: „Dir ist schon Schwieriges widerfahren – aber ich sehe und liebe dich. Ich bin jetzt für dich da. Ich lasse dich nie mehr im Stich und du bist jetzt in Sicherheit.“? Einen solchen heilsamen Raum können wir uns selbst bereiten – und dafür mit unserer Sprache beginnen.

Ich selbst habe mir vor einiger Zeit das Versprechen gegeben, diese harten, verurteilenden, lieblosen Selbstgespräche einfach zu lassen. Ich mache es einfach nicht mehr. Wenn es mir schlecht geht, wenn ich mal einen Fehler mache – dann beginne ich heute damit, einfach freundlich mit mir zu sein. Das braucht Übung und gelingt nicht immer, aber eben immer häufiger. Wenn wir in der Lage sind, unser Verhalten im Außen zu verändern, dann gilt das auch für unser Verhalten im Inneren. Wir haben es in der Hand, missbräuchliches Verhalten in die nächste Runde gehen zu lassen oder den Boden für etwas Neues zu bereiten. Eigentlich logisch – und ziemlich schön, oder?

P.S.: Wenn du möchtest, findest du hier noch mehr Impulse zum Thema Selbstmitgefühl von mir und anderen Expert:innen.

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